Nur einen Steinwurf entfernt vom belebten und gepflegten Olympiapark in München fühlt man sich beinahe wie in Berlin: Am halb verfallenen „Geisterbahnhof“ Oberwiesenfeld in Moosach haben sich verwunschene Pionierwälder entwickelt. Ein in München rarer Ort für Subkultur, Skater und Graffitikünstler – noch. Die Landeshauptstadt München suchte in einem Vergabeverfahren nach Lösungsvorschlägen für eine attraktive Grünverbindung auf dem Areal. Wir waren dabei und haben leider nicht gewonnen. Trotzdem war die Auseinandersetzung mit diesem außergewöhnlichen Ort für uns eine Bereicherung.
Natur findet Stadt
Gefragt waren Ideen für ein zwei Kilometer langes und weitgehend barrierefreies Wegesystem mit begleitendem Trockenbiotop. Alles auf den ehemaligen Gleisen und Bahnsteigen. Mit voller Wucht prallen hier die artifiziell-gepflegte Landschaft des Olympiaparks und die Pioniervegetation am alten Bahnhof aufeinander. Das fanden wir spannend. Und auch die Auseinandersetzung mit dem nach wie vor aktuellen Entwurfsansatz des Olympiaparks reizte uns. Bis hin zur Plangrafik ließen wir uns in der Zusammenarbeit mit Architekten und Ingenieuren vom Geist der siebziger Jahre inspirieren.
Was den Olympiapark ausmacht
Der von Günter Grzimek gestaltete Olympiapark begeistert durch seine Zeitlosigkeit. Was macht ihn aus? Dem Landschaftsarchitekten ging es nicht nur um die Verschmelzung von Stadt und Parklandschaft. Grzimek entwickelte für die Olympischen Sommerspiele 1972 einen demokratisch gedachten „Benutzerpark“ zum „selbstgestimmten Gebrauch“. Das Konzept geht bis heute auf. Für Grzimek war der Parkbesucher Mitgestalter; als Entwerfer suchte er nach einer „Ästhetik des Selbstverständlichen“. Im Olympiapark stehen vielfältige Räume und Wegeverbindungen zur Wahl. Rückzug und Begegnung, beides ist möglich.
Möglichkeitsräume
In unserem Konzept führen wir die nutzerorientierte, selbstbestimmte Entwurfsauffassung weiter. Ohne starre Vorgaben oder herkömmliche Einrichtungen, sondern mit Möglichkeitsräumen für freie, nicht-kommerzielle Nutzungen. Der Olympiapark vermeidet in seiner fließenden Gestaltung jegliches Pathos. Und auch wir verzichten im Grünzug auf axiale, dominante Blickbezüge und auf die monumentale Inszenierung der baulichen Anlagen.
Auf der Gleispromenade
Die geforderte Promenade verorten wir im Bereich des Gleisbettes. Dort, wo früher die Züge fuhren, können sich nun Radfahrer und Fußgänger in einem geschützten Raum bewegen. Das Gleisbett verfüllen wir mit Schotter, so dass die ehemaligen Bahnsteigkanten auf Sitzmauerhöhe schrumpfen. Das verringert ihre trennende Wirkung. Und der Raum lässt sich in seiner Gesamtheit erleben. Entlang der Promenade erinnern Sitz- und Liegeobjekte aus gestapelten Eichenschwellen an die frühere Bahnnutzung. Auf den ehemaligen Bahnsteigen entsteht durch das Herausnehmen von Platten Raum für die weitere Vegetationsentwicklung.